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Rechtspopulismus in Deutschland
Dem Vorsitzenden dieser Partei, Alexander Gauland, hat es kurz vor der Wahl gefallen, seine Sympathie für das Militärische öffentlich zu machen. Man müsse, so Gauland unter dem Beifall seiner Spießgesellen, auch in Deutschland wieder stolz sein dürfen auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen. Schließlich seien die Briten auch Stolz auf ihren Winston Churchill oder die Franzosen auf ihren ehemaligen Kaiser.
Nachdem sich Schock und Entrüstung über diese Äußerung gelegt haben, drängt sich dann schon die Frage auf, welche Taten Herr Gauland im Besonderen wohl gemeint haben könnte. Meint er vielleicht die Beteiligung der Soldaten an der Massenvernichtung der Juden, die Massaker an der polnischen Zivilbevölkerung, die Kriegsgefangenenlager, die nicht besser waren als die SS-betriebenen Konzentrationslager? Oder meint er vielleicht die Militärbordells, in denen Frauen zur Prostitution gezwungen wurden? Die Liste der Gräueltaten ist deutlich länger.1
Das Konzentrationslager Dachau
Angesichts des Erstarkens solcher Gesinnung erscheint es mir sinnvoll, daran zu erinnern, wofür dieses Gedankengut wirklich steht und was passieren kann, wenn seine Anhänger zu viel Macht bekommen. Zu diesem Zweck eignen sich möglicherweise die Fotografien, die ich vor einigen Monaten im ehemaligen Konzentrationslager Dachau gemacht habe. Nachdem es 1965 in eine Gedenkstätte und ein Museum umgewandelt wurde, ermöglicht es seinen Besuchern, sie aktiv mit dem Grausamkeiten des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Ungefähr 800000 Menschen nutzen dieses Angebot pro Jahr. Das Konzentrationslager Dachau war das erste durchgehend betriebene Konzentrationslager der Nationalsozialisten. Für ca. 12 Jahre wurden hier Menschen gefangen gehalten, zu Zwangsarbeit gezwungen, drangsaliert, misshandelt und getötet. Wenngleich das KZ Dachau kein Vernichtungslager war, verfügte es doch über eine Gaskammer und ein Krematorium. In den 12 Jahren seiner Existenz kamen hier ca. 41500 KZ-Insassen zu Tode, anfangs politische Gefangene der Nationalsozialisten, später dann Sinti und Roma, Juden, Zeugen Jehovas und Homosexuelle. Hier wurden SS-Offiziere ausgebildet, die später in den Vernichtungslagern eingesetzt wurden. Das Lager selbst galt als organisatorisches Vorbild für die Vernichtungslager.2
Das Eingangstor
Wie in fast allen Konzentrationslagern prangt auch in Dachau der Spruch „Arbeit macht frei“ am Eingangstor. Allein die oben genannte Zahl der Todesopfer macht schnell deutlich, dass dies an Zynismus kaum zu überbieten ist. In Dachau ging es nicht um Freiheit, sondern um Tod durch Arbeit.3
Die Skulptur von Nandor Glid
Durchschreitet man das Tor, so betritt man einen weitläufigen Platz. Zunächst fallen die beiden Gefangenenbaracken ins Auge. Nach einigen Metern erscheint dann aber rechts die riesenhafte Skulptur des Bildhauers Nandor Glid. Sie zeigt verzerrte und verrenkte Menschen im Stacheldraht. Glid erinnert damit nicht nur an die Brutalität im Lager allgemein, sondern im Besonderen auch an jene Gefangene, die aus Verzweiflung in den Lagerzaun gesprungen sind, wohl wissend, dass sie dafür erschossen werden würden.
Lagerstraße und Baracken
Das Konzentrationslager Dachau verfügte über 34 Baracken, die für 6000 Gefangene ausgelegt waren. Bei der Befreiung durch die US-Armee hausten dort 30000 Gefangene unter schlimmsten Bedingungen.4
Bei meinem Besuch in der KZ-Gedenkstätte war es sehr heiß. Nur wenige Wolken waren am Himmel verschafften den Besuchern nur selten eine Pause von der Hitze. Auf ihrem Weg über die Lagerstraße wählten die Besucher hier im Bild gerne die durch die Pappeln abgeschattete Seite der Straße – ein Luxus, den die KZ-Insassen nicht hatten, denn damals waren die Bäume erheblich kleiner und spendeten kaum Schatten.
Die meisten Baracken wurden inzwischen abgerissen. Ihre Fläche wurde mit Schotter gefüllt und die so entstandenen Parzellen nummeriert. Was auf den ersten Blick als fragwürdiges Konzept erscheint, ergibt bei Licht betrachtet durchaus Sinn. Immerhin handelt es sich um eine Gedenkstätte, nicht um einen Erlebnispark. Zwei Baracken stehen immerhin noch und zeugen von den erbärmlichen Verhältnissen und der Schikane, welche die Gefangenen zu ertragen hatten. Weitere Baracken hätten nur bereits Gezeigtes wiederholen können. Die freie Fläche andererseits gibt dem Besucher die Gelegenheit, dass Gesehene zu verarbeiten.
Zäune und Wachtürme
Der Besucher des KZ-Gedenkstätte nähert sich dem Eingangstor entlang der KZ-Mauer. Alles ist heute idyllisch, grün, üppig gewachsen. Der Wachturm ist das Einzige, was an die grausige Vergangenheit dieses Ortes erinnert. Er wirkt darum merkwürdig fehl am Platze.
Das Lager war umgegeben von einem sogenannten Todesstreifen. Im Nazi-Jargon wurde dieser Bereich euphemistisch „neutrale Zone“ genannt. Dazu gehörten ein innerer Lagerzaun, ein Graben, die Wachtürme und eine äußere Lagerbegrenzung. Die SS-Offiziere waren angewiesen, bei Fluchtversuchen unmittelbar und ohne Vorwarnung scharf zu schießen und die Häftlinge zu töten. Zahlreiche Häftlinge berührten freiwillig den Zaun, um sich auf diese Weise erschießen zu lassen, weil sie das Leiden im Lager nicht länger ertrugen.5
Krematorium und Gaskammer
Außerhalb des Lagers befand sich die so genannte Baracke X. Diese enthielt ein Krematorium mit vier Öfen sowie eine Gaskammer. Das Krematorium wurde zur Verbrennung der zahlreichen Todesopfer des Lagers benutzt.6
Ob oder in welchem Umfang die Gaskammer zur Massentötung von Menschen genutzt wurde, ist unklar. Wie alle Gaskammern in den NS-Konzentrationslagern war auch die im KZ Dachau als Duschraum getarnt. Über der Tür prangte das Wort Brausebad. Der Raum enthielt zahlreiche Duschkopfattrappen sowie vergitterte Luken, in denen Zyklon B eingefüllt werden konnte. Im gleichen Gebäude befanden sich außerdem Lagerräume für die Getöteten sowie Desinfizierungsräume für Kleidung und persönliches Eigentum der Opfer.
Grenzen des Zorns
Umfragen zufolge identifizieren sich eine große Mehrheit dieser Wählerinnen und Wähler nicht mit den Inhalten dieser Partei. Diese Menschen gaben an, mit ihrer Wahlentscheidung lediglich ihre Unzufriedenheit mit der und ihrer Wut über die Politik der Regierungsparteien Ausdruck verleihen zu wollen. Welch’ große politische Dummheit. Ein Besuch des Konzentrationslagers Dachau oder einer vergleichbaren Einrichtung sei allen Wählerinnen und Wählern der neuen rechtsextremen Partei wärmstens ans Herz gelegt. Wem noch ein Funken Menschlichkeit innewohnt, der mag vielleicht erkennen, dass jeder Zorn Grenzen braucht. Hier in Dachau kann man sehen, was passiert, wenn grenzenloser Zorn zu viel Macht erhält. Diese Menschen sollten sich besser darauf besinnen, dass das politische System der Bundesrepublik Deutschland politisch engagierten Menschen zahlreiche Möglichkeiten bietet, mitzuwirken, Einfluss zu nehmen und Veränderungen zu bewirken. Eine rechtsextreme Partei zu unterstützen, die in populistischem Stil und mit wenig faktischer Substanz, dafür aber mit Hassparolen gegen Andersdenkende den politischen Zorn in Wählerstimmen umzuwandeln versucht, ist beileibe nicht nötig. Rechtspopulismus ist nicht das geeignete Vehikel für politische Unzufriedenheit.
Fußnoten
- Der interessierte Leser kann sich hier ein vollständigeres Bild machen: https://de.wikipedia.org/wiki/Verbrechen_der_Wehrmacht#Beteiligung_an_der_Judenvernichtung ↩
- Detaillierte Informationen zu diesem Konzentrationslager finden sich (natürlich) auf Wikipedia und außerdem auf der Homepage der KZ-Gedenkstätte Dachau. ↩
- https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeit_macht_frei ↩
- https://www.kz-gedenkstaette-dachau.de/station09.html ↩
- https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Dachau#H.C3.A4ftlings-Gel.C3.A4nde↩
- https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Dachau#Baracke_X_.28Zweites_Krematorium_mit_Gaskammerraum.29↩
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